Einleitung
In diesem Artikel möchte ich auf die wirtschaftlichen Aspekte der Frage “Public Cloud oder eigene Infrastruktur“ eingehen. Direkt vorweg: Es geht mir hier explizit nicht um klar abgegrenzte Cloud-Services wie Microsoft 365, sondern um das Hosting von virtuellen Maschinen und zugekaufte Applikationen wie ERP-Systemen. In den letzten Jahren haben Public Cloud-Anbieter wie Microsoft Azure und AWS enorme Popularität erlangt, da sie Unternehmen Flexibilität, Skalierbarkeit und Kosteneffizienz bieten. Trotz dieser Vorteile macht der Betrieb eigener Infrastruktur häufig Sinn. Insbesondere bei kontinuierlicher Workload, wie in vielen Unternehmensanwendungen üblich, bietet die Public Cloud nicht selten strategische Nachteile bei höheren Kosten.
Kosten
Obwohl Public Cloud-Anbieter eine nutzungsabhängige Bezahlung und Kosteneffizienz bieten, können die Kosten bei kontinuierlicher Workload schnell ansteigen. Der Betrieb eigener Server in einem Rechenzentrum kann in solchen Fällen kosteneffizienter sein, da die Anschaffungs- und Betriebskosten über einen längeren Zeitraum verteilt werden können. Die Abschreibung der Hardware über einen realistischen Nutzungszeitraum ist häufig um Größenordnungen günstiger als die Nutzungsgebühren gleichwertiger Cloud-Kapazitäten. Natürlich müssen auch Kosten für das Rechenzentrum, die Anbindung, den Energieverbrauch und letztendlich auch für das Personal berücksichtigt werden. In Anbetracht der Tatsache, dass auch ein IaaS-Betrieb keinesfalls mannlos erfolgen kann und man definitiv IT-Kompetenzen zum Betrieb der wo auch immer gehosteten virtuellen Server und zur Wartung der Applikationen benötigt, ist der Overhead durch den Betrieb einer eigenen Plattform überschaubar. Moderne hyperkonvergente Plattformen wie VMware vSAN, Azure Stack HCI oder Nutanix verursachen verhältnismäßig wenig Wartungsaufwand und bieten ein hohes Maß an Stabilität.
Selbstverständlich bringt der Betrieb eigener Infrastruktur einen gewissen Sockel an Kosten mit sich, diesen Faktor kann man nicht wegdiskutieren. Dafür ist die Erweiterung der Umgebung auf Basis dieser Sockelkosten dann deutlich günstiger, da beispielsweise ein Serverschrank in jedem Fall 40 Höheneinheiten beherbergen kann. Auch das initial beschaffte Top-of-Rack-Switchcluster erfordert bei einer Erweiterung um zusätzliche Server keine neuen Investitionen.
Unterm Strich liegen so die Betriebskosten eigener Infrastruktur in einem Rechenzentrum auch in einer Vollkostenbetrachtung oft deutlich unter den Nutzungsgebühren von IaaS-Diensten. Auch muss beachtet werden, dass Premium-Funktionen wie Geo-Redundanz oder schon der Aufbau von genereller Hochverfügbarkeit auch in der Cloud kein Automatismus sind und sowohl Zusatzkosten, wie auch höheren Konfigurationsaufwand mit sich bringen. In jedem Fall muss für einen ehrlichen Vergleich jedes Detail betrachtet werden.
Meine Beispielkalkulation geht von folgenden Kosten für eine eigene Infrastruktur aus:
Cluster
2x Hypervisor: ca. 30.000€
- Dual CPU: Intel Xeon Gold 5315Y
- 512 GB RAM
- 8x 1.92 TB SSD
- 2x dual port 10GbE network card
- Management Card Premium
- 3 Jahre Premium Support
2x 10GbE 12 Port Switch: ca. 3.500€
Lizenzen
- VMware Essentials Plus 3 Jahre: 6.500€
- StorMagic SvSAN 12TB inkl. 3 Jahre Support: 4.000€
- 2x Windows Server 2022 Datacenter 16 Kerne: 8.000€
Implementierung und Inbetriebnahme
ca. 6.000€
Initialkosten: 58.000€
Abzahlung Darlehn bei 4,5% eff. Jahreszins: 1.725€
Rechenzentrum (monatlich)
- 2x 1/2 Rack: 800€ (Zwei Brandabschnitte bzw. Lokationen auf dem Campus)
- Cross Connect LWL: 150€ (Verbindung beider Abschnitte)
- Anbindung 10Gigabit: 200€ (Anbindung an das Internet)
- 5TB Traffic: 100€ (20€ / TB Traffic – Anbindung an das Internet)
- Ca. 200€ Energiekosten auf Basis der Hardware (55ct / kWh )
- Wartungskosten: ca. 1.000€ / Monat
Monatliche Gesamtkosten bei 36 Monaten Nutzungsdauer: 4.175€
Wir sehen hier, dass selbst bei einer konservativen Berechnungsgrundlage die Gesamtkosten einer autonomen Infrastruktur unter den Kosten einer vergleichbaren Cloud-Umgebung liegen. Man beachte, dass wir hier von einer redundanten, voll lizensierten Microsoft-Umgebung auf VMware-Basis sprechen. Wenn man nun betrachtet, dass man auch ein Viertel eines Racks anmieten kann oder in unserem Advanced Housing einzelne Switch-Ports mit eigenen VLANs zur Nutzung beziehen kann, besteht hier noch deutliches Einsparpotenzial. Weiterhin ist die Skalierung der Umgebung auf Basis der geschaffenen Rahmenbedingungen im Vergleich zur Cloud recht kostengünstig machbar. Eine authentische Vergleichsberechnung ist in jedem Fall immer spannend und führt teilweise zu unerwarteten Ergebnissen – in beide Richtungen!
Mit diesem Artikel will ich zum nachdenken anregen. Es geht weder gegen die Cloud noch uneingeschränkt für die eigene Infrastruktur. Zum einen gibt es noch diverse strategische Aspekte, auf die ich in anderen Artikeln eingegangen bin und eingehen werde, weiterhin gibt es auch verschiedene Zwischenlösungen, beispielsweise unser Advanced Housing mit Managed Storage oder die Anmietung von Server.
(Bitte nagelt mich nicht auf jeden Betrag fest, ich habe bewusst eher höhere Kosten angesetzt!)